Es geht nicht immer nur um das Grösste, das Höchste, das Mächtigste. Manchmal ist das Niedliche genauso beeindruckend. Und eines können wir garantieren: Wer den höchsten Aargauer Wasserfall besichtigen will, muss sich nicht in eine Warteschlange stellen.
Im Kanton Aargau strömt das Wasser von 40 Prozent des Landes zusammen. Die Aare gilt zum Beispiel ab Vogelsang als Strom – nirgends sonst in der Schweiz führt ein Fluss derart viel Wasser. Und wenn die Aare in den Rhein mündet, ist sie doppelt so mächtig wie der Grenzfluss. Hydrologisch korrekt wäre, dass ab Koblenz der Rhein dann Aare hiesse. Es gäbe dann auch kein Rheinfelden, sondern ein Aarfelden, und Basel würde nicht am Rhein liegen. Doch weil der Rhein schon vorher die Grenze bildete, behält er auch nach der Einmündung der grösseren Aare seinen Namen.
Wenn wir die Horizontale verlassen und uns der Vertikalen zuwenden, ändert sich das Bild. So, wie der höchste ganz im Aargau liegende Berg, der Strihe bei Densbüren, nur gerade mal 867 Meter misst, kann auch nicht erwartet werden, dass der höchste Wasserfall des Aargaus in der Schweiz in den vorderen Rängen landet.
So ist der höchste ganz in der Schweiz liegende Berg der Dom in den Walliser Alpen mit imposanten 4545 Metern. Und der höchste Wasserfall der Schweiz liegt im Lauterbrunnental, heisst Mürrenbachfall und misst 417 Meter.
Nimmt man nicht die Höhe, sondern die Breite als Massstab, dann reicht kein Fall dem Rheinfall das Wasser. Der ist zwar nur 23 Meter hoch, aber 150 Meter breit. Im Sommer beträgt die durchschnittliche Abflussmenge pro Sekunde etwa 600 000 Liter. Viel für unser Land, aber im Vergleich mit den Giganten unter den Wasserfällen der Welt ist dies winzig – die Niagarafälle haben eine sechsmal höhere Abflussmenge. Deren Fallhöhe ist mit 60 Metern allerdings auch nicht besonders hoch, wenn man an den Salto Ángel in Venezuela denkt, der fast 1000 Meter misst.
Nun gut, aber wo liegt denn nun der höchste Wasserfall des Aargaus?
Richtig. Im Versorgungsgebiet der IBB. Genauer gesagt in Linn, einem kleinen Dorf, das für etwas anderes noch viel bekannter ist, nämlich für eine Linde.
Wenn man von der Linner Linde her ins Dorf geht, dieses durchquert und an Wiesen vorbei hinunter ins Sagimülitäli Richtung Wald spaziert, kommt man zum Linner Wasserfall.
Und der ist, Achtung, jetzt kommts, 540 … Zentimeter hoch, also 54 Dezimeter, was 5,4 Meter sind. Nicht berauschend, zugegeben, aber trotzdem «on top» in unserem Kanton. Es lohnt sich jedenfalls, hinzugehen und ihn anzuschauen.
Warum mal nicht an einem Wintertag nach Linn fahren und die kleine Rundwanderung zum Wasserfall machen? Wer weiss, vielleicht werden auch Sie begeistert sein?
